- Schon war gesunken in den Staub der Sassaniden alter Thron,
- Es plündert Mosleminenhand das schätzereiche Ktesiphon:
- Schon langt am Oxus Omar an, nach manchem durchgekämpften Tag,
- Wo Chosrus Enkel Jesdegerd auf Leichen eine Leiche lag.
- Und als die Beute mustern ging Medinas Fürst auf weitem Plan,
- Ward ein Satrap vor ihn geführt, er hieß mit Namen Harmosan;
- Der letzte, der im Hochgebirg dem kühnen Feind sich widersetzt;
- Doch ach, die sonst so tapfre Hand trug eine schwere Kette jetzt!
- Und Omar blickt ihn finster an und spricht: Erkennst du nun, wie sehr
- Vergeblich ist vor unserm Gott der Götzendiener Gegenwehr?
- Und Harmosan erwidert ihm: In deinen Händen ist die Macht,
- Wer einem Sieger widerspricht, der widerspricht mit Unbedacht.
- Nur eine Bitte wag ich noch, abwägend dein Geschick und meins:
- Drei Tage focht ich ohne Trunk, laß reichen einen Becher Weins!
- Und auf des Feldherrn leisen Wink steht ihm sogleich ein Trunk bereit;
- Doch Harmosan befürchtet Gift, und zaudert eine kleine Zeit.
- Was zagst du, ruft der Sarazen, nie täuscht ein Moslem seinen Gast,
- Nicht eher sollst du sterben, Freund, als bis du dies getrunken hast!
- Da greift der Perser nach dem Glas, und statt zu trinken, schleudert hart
- Zu Boden er’s auf einen Stein mit rascher Geistesgegenwart.
- Und Omars Mannen stürzen schon mit blankem Schwert auf ihn heran,
- Zu strafen ob der Hinterlist den allzuschlauen Harmosan;
- Doch wehrt der Feldherr ihnen ab und spricht sodann: Er lebe fort!
- Wenn was auf Erden heilig ist, so ist es eines Helden Wort.
Harmosan
… eine Ballade von August von PlatenHarmosan von August von Platen wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/platen/harmosan/
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