Ballade
- Ein Fischer hatte zwei kluge Jungen,
- hat ihnen oft ein Lied vorgesungen:
- Es treibt eine Wunderglocke im Meer,
- es freut ein gläubig Herze sehr,
- das Glockenspiel zu hören.
- Der eine sprach zu dem andern Sohn:
- Der alte Mann verkindet schon.
- Was singt er das dumme Lied immerfort;
- ich hab manchen Sturm gehört an Bord,
- noch nie eine Wunderglocke.
- Der andre sprach: Wir sind noch jung,
- er singt aus tiefer Erinnerung.
- Ich glaube, man muß viel Fahrten bestehn,
- um dem großen Meer auf den Grund zu sehn;
- dann hört man es auch wohl läuten.
- Und als der Vater gestorben war,
- fuhren sie weg mit braunblondem Haar.
- Und als sie sich grauhaarig wiedertrafen,
- dachten sie eines Abends im Hafen
- an die Wunderglocke.
- Der eine sprach, verdrossen und alt:
- Ich kenne das Meer und seine Gewalt,
- ich hab mich zuschanden auf ihm geplagt,
- hab auch manchen Gewinn erjagt,
- läuten hört ich es niemals.
- Der andre sprach und lächelte jung:
- Ich gewann mir nichts als Erinnerung.
- Es treibt eine Wunderglocke im Meer,
- es freut ein gläubig Herze sehr,
- das Glockenspiel zu hören.