- Der Wintermorgen glänzt so klar,
- Ein Wandrer kommt von ferne,
- Ihn schüttelt Frost, es starrt sein Haar,
- Ihm log die schöne Ferne,
- Nun endlich will er rasten hier,
- Er klopft an seines Vaters Tür.
- Doch tot sind, die sonst aufgetan,
- Verwandelt Hof und Habe,
- Und fremde Leute sehn ihn an,
- Als käm er aus dem Grabe;
- Ihn schauert tief im Herzensgrund,
- Ins Feld eilt er zur selben Stund.
- Da sang kein Vöglein weit und breit,
- Er lehnt’ an einem Baume,
- Der schöne Garten lag verschneit,
- Es war ihm wie im Traume,
- Und wie die Morgenglocke klingt,
- Im stillen Feld er niedersinkt.
- Und als er aufsteht vom Gebet,
- Nicht weiß, wohin sich wenden,
- Ein schöner Jüngling bei ihm steht,
- Faßt mild ihn bei den Händen:
- »Komm mit, sollst ruhn nach kurzem Gang.« –
- Er folgt, ihn rührt der Stimme Klang.
- Nun durch die Bergeseinsamkeit
- Sie wie zum Himmel steigen,
- Kein Glockenklang mehr reicht so weit,
- Sie sehn im öden Schweigen
- Die Länder hinter sich verblühn,
- Schon Sterne durch die Wipfel glühn.
- Der Führer jetzt die Fackel sacht
- Erhebt und schweigend schreitet,
- Bei ihrem Schein die stille Nacht
- Gleichwie ein Dom sich weitet,
- Wo unsichtbare Hände baun –
- Den Wandrer faßt ein heimlich Graun.
- Er sprach: Was bringt der Wind herauf
- So fremden Laut getragen,
- Als hört ich ferner Ströme Lauf,
- Dazwischen Glocken schlagen?
- »Das ist des Nachtgesanges Wehn,
- Sie loben Gott in stillen Höhn.«
- Der Wandrer drauf: Ich kann nicht mehr –
- Ists Morgen, der so blendet?
- Was leuchten dort für Länder her? –
- Sein Freund die Fackel wendet:
- »Nun ruh zum letzten Male aus,
- Wenn du erwachst, sind wir zu Haus.«
Letzte Heimkehr
… eine Ballade von Joseph von EichendorffLetzte Heimkehr von Joseph von Eichendorff wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/eichendorff/letzte-heimkehr/
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