- „Ich hab’ es getragen sieben Jahr
- Und ich kann es nicht tragen mehr,
- Wo immer die Welt am schönsten war,
- Da war sie öd’ und leer.
- Ich will hintreten vor sein Gesicht
- In dieser Knechtsgestalt,
- Er kann meine Bitte versagen nicht,
- Ich bin ja worden alt.
- Und trüg er noch den alten Groll,
- Frisch wie am ersten Tag,
- So komme, was da kommen soll,
- Und komme, was da mag.“
- Graf Douglas spricht’s. Am Weg ein Stein
- Lud ihn zu harter Ruh,
- Er sah in Feld und Wald hinein,
- Die Augen fielen ihm zu.
- Er trug einen Harnisch rostig und schwer,
- Darüber ein Pilgerkleid, –
- Da horch, vom Waldrand scholl es her,
- Wie von Hörnern und Jagdgeleit.
- Und Kies und Staub aufwirbelte dicht,
- Herjagte Meute und Mann,
- Und ehe der Graf sich aufgericht’t,
- Waren Roß und Reiter heran.
- König Jakob saß auf hohem Roß,
- Graf Douglas grüßte tief,
- Dem König das Blut in die Wange schoß,
- Der Douglas aber rief:
- „König Jakob, schaue mich gnädig an
- Und höre mich in Geduld,
- Was meine Brüder Dir angethan,
- Es war nicht meine Schuld.
- Denk nicht an den alten Douglas-Neid,
- Der trotzig Dich bekriegt,
- Denk lieber an Deine Kinderzeit,
- Wo ich Dich auf den Knie’n gewiegt.
- Denk lieber zurück an Stirling Schloß,
- Wo ich Spielzeug Dir geschnitzt,
- Dich gehoben auf Deines Vaters Roß
- Und Pfeile Dir zugespitzt.
- Denk lieber zurück an Linlithgow,
- An den See und den Vogelheerd,
- Wo ich Dich fischen und jagen froh
- Und schwimmen und springen gelehrt.
- O denk an Alles, was einsten war
- Und sänftige Deinen Sinn,
- Ich hab’ es gebüßet sieben Jahr,
- Daß ich ein Douglas bin.“
- „Ich seh’ Dich nicht, Graf Archibald,
- Ich hör’ Deine Stimme nicht,
- Mir ist, als ob ein Rauschen im Wald
- Von alten Zeiten spricht.
- Mir klingt das Rauschen süß und traut,
- Ich lausch’ ihm immer noch,
- Dazwischen aber klingt es laut:
- Er ist ein Douglas doch.
- Ich seh’ Dich nicht, ich höre Dich nicht,
- Das ist Alles, was ich kann,
- Ein Douglas vor meinem Angesicht
- Wär’ ein verlorener Mann.“
- König Jakob gab seinem Roß den Sporn,
- Bergan ging jetzt sein Ritt,
- Graf Douglas faßte den Zügel vorn
- Und hielt mit dem König Schritt.
- Der Weg war steil, die Sonne stach
- Und sein Panzerhemd war schwer,
- Doch, ob er schier zusammenbrach,
- Er lief doch nebenher.
- „König Jakob, ich war Dein Seneschall,
- Ich will es nicht fürder sein,
- Ich will nur tränken Dein Roß im Stall
- Und ihm schütten die Körner ein.
- Ich will ihm selber machen die Streu
- Und es tränken mit eigener Hand,
- Nur laß mich athmen wieder auf’s Neu
- Die Luft im Vaterland.
- Und willst Du nicht, so hab’ einen Muth,
- Und ich will es danken Dir,
- Und zieh Dein Schwert und triff mich gut
- Und laß mich sterben hier.“
- König Jakob sprang herab vom Pferd,
- Hell leuchtete sein Gesicht,
- Aus der Scheide zog er sein breites Schwert,
- Aber fallen ließ er es nicht.
- „Nimm’s hin, nimm’s hin und trag’ es neu
- Und bewache mir meine Ruh,
- Der ist in tiefster Seele treu,
- Wer die Heimath liebt, wie Du.
- Zu Roß, wir reiten nach Linlithgow
- Und Du reitest an meiner Seit’,
- Da wollen wir fischen und jagen froh,
- Als wie in alter Zeit.“
Archibald Douglas
… eine Ballade von Theodor Fontane- Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
Archibald Douglas ist eine Ballade von Theodor Fontane aus dem Jahr 1854. Die Ballade erzählt die Geschichte von Archibald Douglas, der sich im Alter nach der schottischen Heimat sehnt, aus der er verbannt wurde.Die erzählte Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit.
Archibald Douglas von Theodor Fontane wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/fontane/archibald-douglas/
Quelle: https://balladen.net/fontane/archibald-douglas/