1.
- Herr Darnley reitet in den Wald, Lord Ruthven ihm zur Seite;
- Herr Darnley spricht: „was frommt es mir, daß in den Lenz ich reite?
- Ich ritt hinaus ein Schreckgespenst mir aus dem Sinn zu schlagen,
- Ihr aber Ruthven hastet Euch, in’s Feuer Oel zu tragen.“
- Lord Ruthven streicht den rothen Bart, als sei er des zufrieden,
- Er schweigt, und denkt nur: „wenn es heiß, soll man das Eisen schmieden“;
- Seit an Maria’s Ohr er frech ein Liebeswort verloren,
- Hat er der schönen Königin im Herzen Haß geschworen.
- Er spricht kein Wort, beredter spricht sein Lächeln jetzt und Schweigen,
- Er sieht, von Schritt zu Schritt, das Blut in Darnley’s Wange steigen,
- Der ruft: „sing aus Dein Rabenlied, und spricht’s wie Deine Blicke,
- Verdamm mich Gott, wenn ich den Fant nicht in die Hölle schicke!“
- Lord Ruthven streicht den rothen Bart; und spricht: „so soll ich’s glauben
- Mein Herr und König zweifle noch am Spiel der frommen Tauben?
- Er wisse nicht, was Jeder weiß vom schottschen Königsstuhle,
- Daß Heinrich Darnley’s ehlich Weib des David Rizzio Buhle!“
- Herr Darnley kehrt gen Edinburg, er hält vor seinem Schlosse:
- „Lord Ruthven – spricht er – so’s beliebt, bleibt ihr mein Jagdgenosse;
- Der Fuchs ist schlau, doch bärg er sich in ihres Kleides Falten,
- Ich jag ihn auf, noch heute Nacht will meinen Schwur ich halten.
- Es glänzt der festgeschmückte Saal von Rittern wohl und Frauen,
- Vor allen ist Maria doch als Königin zu schauen,
- Sie läßt die Zeit bei Spiel und Tanz in raschem Flug enteilen,
- Und nur ihr Gatte zögert noch des Festes Lust zu theilen.
- Die Kerzen und die Wangen glühn vor Freuden um die Wette,
- Es schreitet an Lord Seytons Hand Maria zum Bankette,
- Der Becher schäumt, Maria winkt ein Saitenspiel zu bringen,
- Ihr Liebling Rizzio nimmt es hin und hebet an zu singen:
- Der König zog in finstrem Sinn
- Hinaus mit seinem Trosse;
- Nachblickt die schöne Königin
- Dem Reiter und dem Rosse.
- Und als des Waldes Laub und Moos
- Den König kaum erlaben,
- Da lockt sie schon auf ihren Schooß
- Den blonden Edelknaben.
- Sie streicht sein Haar, sie küsst so heiß
- Die Lippen ihm und Wangen,
- Die aber sind heut kalt wie Eis
- Und athmen kein Verlangen.
- Sie flüstert: „lieber Knabe mein
- Halt’ fester mich in Armen,
- Wir wollen eins zur Stunde sein,
- Das wird Dein Herz erwarmen.“
- Er aber spricht: „’s läßt heut mich nicht
- Fest drücken Dich und pressen,
- Ich hatt’ zur Nacht ein Traumgesicht
- Das kann ich nicht vergessen:
- „Es trat der König vor mich hin
- Als ich Dich wollte küssen;
- Mir ist so bang, lieb Königin
- Als würd’ ich sterben müssen….“
- „„So stirb, Du buhlerischer Thor!““ Herr Darnley ruft’s dazwischen,
- Es fegt im Nu sein Zornesblick die Gäste von den Tischen,
- „„Stirb denn, und dank’s im Tode mir, daß ich mit guter Klinge
- Zu Deinem bösen Bubenlied das letzte Verslein singe.““
- Es packt den Sänger Todesangst: in namenlosem Leide
- Hält fest er, wie ein zitternd Kind, sich an Maria’s Kleide,
- Die tritt, halb Furcht halb Zorn im Blick, hervor ihn zu bewahren,
- Umsonst, schon ist des Königs Schwert ihm durch die Brust gefahren.
- Es hält, die lange Nacht hindurch, Maria Todtenwache,
- Zum ersten Mal zieht durch ihr Herz der heiße Wunsch nach Rache;
- Die Morgensonne sah den Schwur auf ihrer Lippe beben, –
- Herr Darnley hat des Sängers Tod bezahlt mit seinem Leben.
2.