- Die Mutter spricht: „lieb Else mein,
- Wozu dies Grämen und Härmen?
- Man lebt sich in einander ein,
- Auch ohne viel zu schwärmen;
- Wie manche nahm schon ihren Mann,
- Daß sie nicht sitzen bliebe,
- Und dünkte sich im Himmel dann
- Und – alles ohne Liebe.“
- Jung-Else hört’s. Sie schloß das Band,
- Das ewge, am Altare,
- Und lächelnd nahm des Gatten Hand
- Den Kranz aus ihrem Haare;
- Ihr war’s, als ob ein glühend Roth
- Sich auf die Stirn ihr schriebe,
- Sie gab ihr Alles, nach Gebot,
- Und – alles ohne Liebe.
- Der Mann ist schlecht; er liebt das Spiel
- Und guten Trunk nicht minder,
- Sein Weib zu Hause weint zu viel
- Und ewig schrein die Kinder;
- Spät kommt er heim; er kost, er schlägt,
- Nachgiebig jedem Triebe,
- Sie trägt’s wie nur die Liebe trägt
- Und – alles ohne Liebe.
- Sie wünscht sich oft, es wär vorbei,
- Wenn nicht die Kinder wären,
- So aber sucht sie stets aufs neu
- Zum Guten es zu kehren,
- Sie schmeichelt ihm und ob er dann
- Auch kalt bei Seit sie schiebe,
- Sie nennt ihn „ihren liebsten Mann“
- Und – alles ohne Liebe.
„Und alles ohne Liebe“
… eine Ballade von Theodor Fontane„Und alles ohne Liebe“ von Theodor Fontane wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/fontane/und-alles-ohne-liebe/
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