Der König in Thule

eine Ballade von Johann Wolfgang von Goethe
  1. Es war ein König in Thule,
  2. Gar treu bis an das Grab,
  3. Dem sterbend seine Buhle
  4. Einen goldnen Becher gab.
  5. Es ging ihm nichts darüber,
  6. Er leert‘ ihn jeden Schmaus,
  7. Die Augen gingen ihm über,
  8. So oft er trank daraus.
  9. Und als er kam zu sterben,
  10. Zählt‘ er seine Städt‘ im Reich,
  11. Gönnt‘ alles seinen Erben,
  12. Den Becher nicht zugleich.
  13. Er saß beim Königsmahle,
  14. Die Ritter um ihn her,
  15. Auf hohem Vätersaale,
  16. Dort auf dem Schloß am Meer.
  17. Dort stand der alte Zecher,
  18. Trank letzte Lebensglut
  19. Und warf den heil’gen Becher
  20. Hinunter in die Flut.
  21. Er sah ihn stürzen, trinken
  22. Und sinken tief ins Meer.
  23. Die Augen täten ihm sinken:
  24. Trank nie einen Tropfen mehr.

Hintergrund

Der König in Thule ist eine Ballade von Johann Wolfgang von Goethe, die wohl im Jahr 1774 entstand. Die Ballade war vermutlich nicht als alleinstehendes Werk angedacht, sondern wurde als Teil von Goethes Drama Faust veröffentlicht, wo sie in die Szene Abend eingebettet ist und von Gretchen gesungen wird.

Somit ist auch der Titel Der König in Thule nicht von Goethe vorgegeben, sondern wurde erst im Nachhinein verwendet, um auf den Text im Einzelnen zu verweisen.
Der König in Thule von Johann Wolfgang von Goethe wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.

Quelle: https://balladen.net/goethe/der-koenig-in-thule/