- Es schlichen zwei schlimme Gesellen
- sich in die Kapelle hinein:
- in Kannen, in goldnen, geweihten,
- stand dort der heilige Wein.
- Da spricht der eine mit Lachen
- zum andern in sündigem Mut:
- „Komm, willst du dich mit mir berauschen
- in Christi eigenem Blut?“
- Der andere greift nach der Kanne
- und setzt sie flugs an den Mund;
- sie trinken und trinken und trinken,
- doch kommen sie nicht auf den Grund.
- Sie trinken und trinken und trinken
- und treiben viel frostigen Scherz,
- doch steigt keine Glut auf die Wangen,
- doch flammt keine Lust durch das Herz.
- Sie trinken und trinken und trinken,
- die Kanne bleibt voll, wie sie war,
- da packt sie ein innersten Grausen,
- sie stürzen hin zum Altar.
- Sie rufen: „Er blutet aufs neue,
- wer stillt des Blutes Lauf!
- Er zeigt uns die offenen Wunden,
- o weh uns, wir rissen sie auf!“
- Nun schauen sie ewig den Heiland,
- ein blasses, blutendes Bild;
- er blickt sie an, nicht finster,
- ach, so unendlich mild“
Der heilige Wein
… eine Ballade von Friedrich HebbelDer heilige Wein von Friedrich Hebbel wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/hebbel/der-heilige-wein/
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