- Herr Peter und Bender saßen beim Wein,
- Herr Bender sprach: »Ich wette,
- Bezwänge dein Singen die ganze Welt,
- Doch nimmer bezwingt es Frau Mette.«
- Herr Peter sprach: »Ich wette mein Roß
- Wohl gegen deine Hunde,
- Frau Mette sing ich nach meinem Hof,
- Noch heut, in der Mitternachtsstunde.«
- Und als die Mitternachtsstunde kam,
- Herr Peter hub an zu singen;
- Wohl über den Fluß, wohl über den Wald
- Die süßen Töne dringen.
- Die Tannenbäume horchen so still,
- Die Flut hört auf zu rauschen,
- Am Himmel zittert der blasse Mond,
- Die klugen Sterne lauschen.
- Frau Mette erwacht aus ihrem Schlaf:
- Wer singt vor meiner Kammer?
- Sie achselt ihr Kleid, sie schreitet hinaus; –
- Das ward zu großem Jammer.
- Wohl durch den Wald, wohl durch den Fluß
- Sie schreitet unaufhaltsam;
- Herr Peter zog sie nach seinem Hof
- Mit seinem Liede gewaltsam.
- Und als sie morgens nach Hause kam,
- Vor der Türe stand Herr Bender:
- »Frau Mette, wo bist du gewesen zur Nacht?
- Es triefen deine Gewänder?«
- »Ich war heut Nacht am Nixenfluß,
- Da hört ich prophezeien,
- Es plätscherten und bespritzten mich
- Die neckenden Wasserfeien.«
- »Am Nixenfluß ist feiner Sand,
- Dort bist du nicht gegangen,
- Zerrissen und blutig sind deine Füß,
- Auch bluten deine Wangen.«
- »Ich war heut nacht im Elfenwald,
- Zu schaun den Elfenreigen,
- Ich hab mir verwundet Fuß und Gesicht
- An Dornen und Tannenzweigen.«
- »Die Elfen tanzen im Monat Mai
- Auf weichen Blumenfeldern,
- Jetzt aber herrscht der kalte Herbst
- Und heult der Wind in den Wäldern.«
- »Bei Peter Nilsen war ich heut nacht,
- Er sang, und zaubergewaltsam
- Wohl durch den Wald, wohl durch den Fluß
- Es zog mich unaufhaltsam.
- Sein Lied ist stark als wie der Tod,
- Es lockt in Nacht und Verderben.
- Noch brennt mir im Herzen die tönende Glut.
- Ich weiß, jetzt muß ich sterben.« –
- Die Kirchentür ist schwarz behängt,
- Die Trauerglocken läuten;
- Das soll den jämmerlichen Tod
- Der armen Frau Mette bedeuten.
- Herr Bender steht vor der Leichenbahr
- Und seufzt aus Herzensgrunde:
- Nun hab ich verloren mein schönes Weib
- Und meine treuen Hunde.
Frau Mette
… eine Ballade von Heinrich HeineFrau Mette von Heinrich Heine wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/heine/frau-mette/
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