Der Burgemeister zu Pferde

eine Ballade von August Kopisch

(Elbsage.)

  1. In Kriebeln war vor Zeiten gar viele Feuersnoth,
  2. Doch einmal kommt ein Männlein mit einem Käpplein roth,
  3. Und bringt gefaßt am Zügel ein blüthenweißes Pferd,
  4. Und schenkts dem Burgemeister und sprach: »Das haltet werth:
  5. Ist in der Stadt ein Feuer, so setzt Euch auf das Thier,
  6. Und reitet um die Flammen: Ihr dämpft sie, trauet mir!«
  7. Der Burgemeister folgte, — und sieh, jedweder Brand,
  8. Wenn er ihn selbst umritten, verdampft’ in sich, und schwand.
  9. Und weil das weiße Rößlein besaß die Wunderkraft,
  10. Ernährt’ es viele Jahre mit Lust die Bürgerschaft,
  11. Und selbst die Kinder brachten ihm Gras und Obst und Brod.
  12. Auf einmal starb’s, als eben da große Feuersnot! —
  13. Da lief der Burgemeister zu Fuß ums Feuer her,
  14. Und es war just dasselbe als ob zu Pferd er wär’: —
  15. Die Flamme sank. — Ich habe nicht Kunde mir verschafft,
  16. Ob jetzt der Burgemeister noch hat dieselbe Kraft,
  17. Ob er sie in den Beinen, ob in dem Kopf verspürt? —
  18. Doch soll es immer gut sein, wenn Obrigkeit sich rührt.
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