Der Trompeter

eine Ballade von August Kopisch
  1. Wenn dieser Siegesmarsch in das Ohr mir schallt,
  2. Kaum halt ich da die Tränen mir zurück mit Gewalt.
  3. Mein Kamerad der hat ihn geblasen in der Schlacht,
  4. Auch schönen Mädchen oft als ein Ständchen gebracht;
  5. Auch zuletzt, auch zuletzt in der grimmigsten Not
  6. Erscholl er ihm vom Munde, bei seinem jähen Tod.
  7. Das war ein Mann von Stahl, ein Mann von echter Art;
  8. Gedenk ich seiner, rinnet mir die Trän’ in den Bart.
  9. Herr Wirt, noch einen Krug von dem feurigsten Wein!
  10. Soll meinem Freund zur Ehr, ja zur Ehr getrunken sein.
  11. Wir hatten musiziert in der Frühlingsnacht
  12. Und kamen zu der Elbe, wie das Eis schon erkracht;
  13. Doch schritten wir mit Lachen darüber, unverwandt,
  14. Ich trug das Horn, und er die Trompet’ in der Hand.
  15. Da erknarrte das Eis, und es bog, und es brach,
  16. Ihn riss der Strom von bannen, wie der Wind so jach!
  17. Ich konnt’ ihn nimmermehr erreichen mit der Hand,
  18. Ich musste selbst mich retten mit dem Sprung auf den Sand:
  19. Er aber trieb hinab, auf die Scholle gestellt,
  20. Und rief: Nun geht die Reis in die weite, weite Welt!
  21. Drauf setzt’ er die Trompet’ an den Mund und schwang
  22. Den Schall, dass rings der Himmel und die Erde erklang!
  23. Er schmetterte gewaltig mit vollem Mannesmut,
  24. Als gält’ es eine Jagd mit dem Eis in der Flut.
  25. Er trompetete klar, er trompetete rein,
  26. Als ging’s mit Vater Blücher nach Paris hinein! —
  27. Da donnerte das Eis, die Scholle sie zerbrach
  28. Und wurde eine bange, bange Stille danach!…
  29. Das Eis verging im Strom und der Strom in dem Meer –
  30. Wer bringt mir meinen Kriegskameraden wieder her?
Der Trompeter von August Kopisch wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.

Quelle: https://balladen.net/kopisch/der-trompeter/