- Mächtig zürnt der Himmel im Gewitter,
- Schmettert manche Rieseneich in Splitter,
- Übertönt des Niagara Stimme,
- Und mit seiner Blitze Flammenruten
- Peitscht er schneller die beschäumten Fluten,
- Daß sie stürzen mit empörtem Grimme.
- Indianer stehn am lauten Strande,
- Lauschen nach dem wilden Wogenbrande,
- Nach des Waldes bangem Sterbgestöhne;
- Greis der eine, mit ergrautem Haare,
- Aufrecht überragend seine Jahre,
- Die zwei andern seine starken Söhne.
- Seine Söhne jetzt der Greis betrachtet,
- Und sein Blick sich dunkler jetzt umnachtet
- Als die Wolken, die den Himmel schwärzen,
- Und sein Aug versendet wildre Blitze
- Als das Wetter durch die Wolkenritze,
- Und er spricht aus tiefempörtem Herzen:
- „Fluch den Weißen! ihren letzten Spuren!
- Jeder Welle Fluch, worauf sie fuhren,
- Die einst Bettler unsern Strand erklettert!
- Fluch dem Windhauch, dienstbar ihrem Schiffe!
- Hundert Flüche jedem Felsenriffe,
- Das sie nicht hat in den Grund geschmettert!
- Täglich übers Meer in wilder Eile
- Fliegen ihre Schiffe, giftge Pfeile,
- Treffen unsre Küste mit Verderben.
- Nichts hat uns die Räuberbrut gelassen,
- Als im Herzen tödlich bittres Hassen:
- Kommt, ihr Kinder, kommt, wir wollen sterben!“
- Also sprach der Alte, und sie schneiden
- Ihren Nachen von den Uferweiden,
- Drauf sie nach des Stromes Mitte ringen;
- Und nun werfen sie weithin die Ruder,
- Armverschlungen Vater, Sohn und Bruder
- Stimmen an, ihr Sterbelied zu singen.
- Laut ununterbrochne Donner krachen,
- Blitze flattern um den Todesnachen,
- Ihn umtaumeln Möwen sturmesmunter;
- Und die Männer kommen festentschlossen
- Singend schon dem Falle zugeschossen,
- Stürzen jetzt den Katarakt hinunter.
Die drei Indianer
… eine Ballade von Nikolaus LenauDie drei Indianer von Nikolaus Lenau wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/lenau/die-drei-indianer/
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