- Er steht an ihrem Pfühl in herber Qual
- Und muss den jungen Busen keuchen sehn,
- Er ist ein Arzt, und weiß, sein traut Gemal
- Erblasst, sobald die Morgenschauer wehn.
- Sie hat geschlummert. „Lieber, du bei mir?
- Mir träumte, dass ich auf der Alpe war.
- Wie schön mir träumte, das erzähl’ ich dir —
- Du schickst mich wieder hin das nächste Jahr!
- Dort vor dem Dorf — du weißt den moos’gen Stein
- Saß ich und rings umhallte mich Getön,
- Die Herden zogen alle mit Schalmei’n
- An mir vorüber von den Sommerhöh’n.
- Die Herden ziehen alle heut nach Haus —
- Nun ist’s die letzte wohl? Nein, eine noch!
- Noch ein Geläut klingt an und eins klingt aus,
- Das endet nicht! Da kam das letzte doch.
- Nun Alles still. Es starb das Abendrot,
- Die Matten dunkelten so grün und rein,
- Die hohen Gipfel standen bleich und tot
- Und drüber glomm ein leiser Sternenschein.
- Ein Glöcklein, horch! Klingt fern es aus der Schlucht?
- Irrt es verspätet noch am Felsenhang?
- Ein armes Glöcklein, das die Herde sucht —
- Da wacht’ ich auf — und höre noch den Klang.
- Du schickst mich wieder auf die lieben Höh’n —
- Sie haben, sagst du, mich gesund gemacht . . .
- Da war’s so schön, da war’s so wunderschön!
- Das Glöcklein! Wieder! Hörst du’s ? — Gute Nacht.“ –
Das Glöcklein
… eine Ballade von Conrad Ferdinand MeyerDas Glöcklein von Conrad Ferdinand Meyer wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/meyer/das-gloecklein/
Quelle: https://balladen.net/meyer/das-gloecklein/