- Mondnacht und Flut. Sie hangt am Kiel,
- Umklammert mit den Armen ihn,
- Sie treibt ein grausam lüstern Spiel,
- Den Nachen in den Grund zu ziehn.
- Der Ferge stöhnt:„In Seegesträuch
- Reißt nieder uns der blanke Leib!
- Rasch, Herr! Von Sünden reinigt Euch,
- Begehrt Ihr heim zu Kind und Weib!“
- Der Ritter hält den Schwertesgriff
- Sich als das heil’ge Zeichen vor –
- Aus dunkeln Haaren lauscht am Schiff
- Ein schmerzlich bleiches Haupt empor.
- „Herr Christ! Ich beichte Ritterthat,
- Streit, Flammenschein und strömend Blut,
- Doch nichts von Frevel noch Verrat,
- Denn Treu und Glauben hielt ich gut.“
- Er küßt das Kreuz. Gell schreit die Fee!
- Auflangen sieht er eine Hand
- Am Steuer, blendend weiß wie Schnee,
- Und starrt darauf, von Graun gebannt.
- „Herr Christ! Ich beichte Missethat!
- Ich brach den Glauben und die Treu,
- Ich übt’ an einem Lieb Verrat.
- Es starb. Ich thue Leid und Reu!“
- Sie löst die Arme. Sie versinkt.
- Das Ruder schlägt. Der Nachen fliegt.
- Vom Strand das Licht des Erkers winkt,
- Wo Weib und Kind ihm schlummernd liegt.
Die Fei
… eine Ballade von Conrad Ferdinand MeyerDie Fei von Conrad Ferdinand Meyer wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/meyer/die-fei/
Quelle: https://balladen.net/meyer/die-fei/