- Am Gestade Palästina’s, auf und nieder, Tag um Tag,
- „London?“ frug die Sarazenin, wo ein Schiff vor Anker lag.
- „London!“ bat sie lang vergebens, nimmer ward sie müd und zag,
- Bis zuletzt an Bord sie brachte eines Bootes Ruderschlag.
- Sie betrat das Deck des Seglers und ihr wurde nicht gewehrt.
- Meer und Himmel. „London?“ frug sie, von der Heimath abgekehrt,
- Suchte, blickte, durch des Schiffers ausgestreckte Hand belehrt,
- Nach den Küsten wo die Sonne sich in Abendgluth verzehrt …
- „Gilbert?“ fragt die Sarazenin im Gedräng der großen Stadt,
- Und die Menge lacht und spottet, bis sie dann Erbarmen hat.
- „Tausend Gilbert giebt’s in London!“ Doch sie schreitet nimmer matt.
- „Labe dich mit Trank und Speise!“ Doch sie wird von Thränen satt.
- „Gilbert!“ „Nichts als Gilbert? weißt du keine andern Worte? nein?“
- „Gilbert!“ … „Hört, das wird der weiland Pilger Gilbert Becket sein –
- Den gebräunt in Sklavenketten glüher Wüste Sonnenschein –
- Dem die Bande löste heimlich eines Emirs Töchterlein –“
- „Pilgrim Gilbert Becket!“ dröhnt es, braust es längs der Themse Strand.
- Sieh, da kommt er ihr entgegen, von des Volkes Mund genannt,
- Ueber seine Schwelle führt er, die das Ziel der Reise fand.
- Liebe wandert mit zwei Worten gläubig über Meer und Land.
Mit zwei Worten
… eine Ballade von Conrad Ferdinand MeyerMit zwei Worten von Conrad Ferdinand Meyer wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/meyer/mit-zwei-worten/
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