- In jungen Jahren war’s. Ich brachte dich
- Zurück ins Nachbarhaus, wo du zu Gast,
- Durch das Gehölz. Der Nebel rieselte,
- Du zogst des Reisekleids Capuze vor
- Und blicktest traulich mit verhüllter Stirn.
- Naß ward der Pfad. Die Sohlen prägten sich
- Dem feuchten Waldesboden deutlich ein,
- Die wandernden. Du schrittest auf dem Bord,
- Von deiner Reise sprechend. Eine noch,
- Die läng’re, folge drauf, so sagtest du.
- Dann scherzten wir, der nahen Trennung klug
- Das Angesicht verhüllend, und du schiedst,
- Dort wo der First sich über Ulmen hebt.
- Ich ging denselben Pfad gemach zurück,
- Leis schwelgend noch in deiner Lieblichkeit,
- In deiner wilden Scheu, und wohlgemuth
- Vertrauend auf ein baldig Wiedersehn.
- Vergnüglich schlendernd, sah ich auf dem Rain
- Den Umriß deiner Sohlen deutlich noch
- Dem feuchten Waldesboden eingeprägt,
- Die kleinste Spur von dir, die flüchtigste,
- Und doch dein Wesen: wandernd, reisehaft,
- Schlank, rein, walddunkel, aber o wie süß!
- Die Stapfen schritten jetzt entgegen dem
- Zurück dieselbe Strecke Wandernden:
- Aus deinen Stapfen hobst du dich empor
- Vor meinem innern Auge. Deinen Wuchs
- Erblickt’ ich mit des Busens zartem Bug.
- Vorüber gingst du, eine Traumgestalt.
- Die Stapfen wurden jetzt undeutlicher,
- Vom Regen halb gelöscht, der stärker fiel.
- Da überschlich mich eine Traurigkeit:
- Fast unter meinem Blick verwischten sich
- Die Spuren deines letzten Gangs mit mir.
Stapfen
… eine Ballade von Conrad Ferdinand MeyerStapfen von Conrad Ferdinand Meyer wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/meyer/stapfen/
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