- Priams Feste war gesunken,
- Troja lag in Schutt und Staub,
- Und die Griechen, siegestrunken,
- Reich beladen mit dem Raub,
- Saßen auf den hohen Schiffen,
- Längs des Hellespontos Strand,
- Auf der frohen Fahrt begriffen
- Nach dem schönen Griechenland.
- Stimmet an die frohen Lieder!
- Denn dem väterlichen Herd
- Sind die Schiffe zugekehrt,
- Und zur Heimath geht es wieder.
- Und in langen Reihen, klagend
- Saß der Trojerinnen Schaar,
- Schmerzvoll an die Brüste schlagend,
- Bleich, mit aufgelöstem Haar.
- In das wilde Fest der Freuden
- Mischten sie den Wehgesang,
- Weinend um das eigne Leiden
- In des Reiches Untergang.
- Lebe wohl, geliebter Boden!
- Von der süßen Heimath fern
- Folgen wir dem fremden Herrn.
- Ach, wie glücklich sind die Todten!
- Und den hohen Göttern zündet
- Kalchas jetzt das Opfer an;
- Pallas, die die Städte gründet
- Und zertrümmert, ruft er an
- Und Neptun, der um die Länder
- Seinen Wogengürtel schlingt,
- Und den Zeus, den Schreckensender,
- Der die Ägis grausend schwingt.
- Ausgestritten, ausgerungen
- Ist der lange, schwere Streit,
- Ausgefüllt der Kreis der Zeit
- Und die große Stadt bezwungen.
- Atreus‘ Sohn, der Fürst der Schaaren,
- Übersah der Völker Zahl,
- Die mit ihm gezogen waren
- Einst in des Skamanders Thal.
- Und des Kummers finstre Wolke
- Zog sich um des Königs Blick;
- Von dem hergeführten Volke
- Bracht‘ er Wen’ge nur zurück.
- Drum erhebe frohe Lieder,
- Wer die Heimath wieder sieht,
- Wem noch frisch das Leben blüht!
- Denn nicht alle kehren wieder.
- Alle nicht, die wieder kehren,
- Mögen sich des Heimzugs freun,
- An den häuslichen Altären
- Kann der Mord bereitet sein.
- Mancher fiel durch Freundestücke,
- Den die blut’ge Schlacht verfehlt!
- Sprach’s Ulyß mit Warnungsblicke,
- Von Athenens Geist beseelt.
- Glücklich, wem der Gattin Treue
- Rein und keusch das Haus bewahrt!
- Denn das Weib ist falscher Art,
- Und die Arge liebt das Neue.
- Und des frisch erkämpften Weibes
- Freut sich der Atrid und strickt
- Um den Reiz des schönen Leibes
- Seine Arme hochbeglückt.
- Böses Werk muß untergehen,
- Rache folgt der Frevelthat;
- Denn gerecht in Himmelshöhen
- Waltet des Kroniden Rath.
- Böses muß mit Bösem enden;
- An dem frevelnden Geschlecht
- Rächet Zeus das Gastesrecht,
- Wägend mit gerechten Händen.
- Wohl dem Glücklichen mag’s ziemen,
- Ruft Oileus‘ tapfrer Sohn,
- Die Regierenden zu rühmen
- Auf dem hohen Himmelsthron!
- Ohne Wahl vertheilt die Gaben,
- Ohne Billigkeit das Glück;
- Denn Patroklus liegt begraben,
- Und Thersites kommt zurück!
- Weil das Glück aus seinen Tonnen
- Die Geschicke blind verstreut,
- Freue sich und jauchze heut,
- Wer das Lebensloos gewonnen.
- Ja, der Krieg verschlingt die Besten!
- Ewig werde dein gedacht,
- Bruder, bei der Griechen Festen,
- Der ein Thurm war in der Schlacht.
- Da der Griechen Schiffe brannten,
- War in deinem Arm das Heil;
- Doch dem Schlauen, Vielgewandten
- War der schöne Preis zu Theil.
- Friede deinen heil’gen Resten!
- Nicht der Feind hat dich entrafft,
- Ajax fiel durch Ajax‘ Kraft.
- Ach, der Zorn verderbt die Besten!
- Dem Erzeuger jetzt, dem großen,
- Gießt Neoptolem des Weins;
- Unter allen ird’schen Loosen,
- Hoher Vater, preis‘ ich deins.
- Von des Lebens Gütern allen
- Ist der Ruhm das höchste doch;
- Wenn der Leib in Staub zerfallen,
- Lebt der große Name noch.
- Tapfrer, deines Ruhmes Schimmer
- Wird unsterblich sein im Lied;
- Denn das ird’sche Leben flieht,
- Und die Todten dauern immer.
- Weil des Liedes Stimmen schweigen
- Von dem überwundnen Mann,
- So will ich für Hektor zeugen,
- Hub der Sohn des Tydeus an, –
- Der für seine Hausaltäre
- Kämpfend, ein Beschirmer, fiel –
- Krönt den Sieger größre Ehre,
- Ehret ihn das schönre Ziel!
- Der für seine Hausaltäre
- Kämpfend sank, ein Schirm und Hort,
- Auch in Feindes Munde fort
- Lebt ihm seines Namens Ehre.
- Nestor jetzt, der alte Zecher,
- Der drei Menschenalter sah,
- Reicht den laubumkränzten Becher
- Der bethränten Hekuba:
- Trink ihn aus, den Trank der Labe,
- Und vergiß den großen Schmerz!
- Wundervoll ist Bacchus‘ Gabe,
- Balsam fürs zerrißne Herz.
- Trink ihn aus, den Trank der Labe,
- Und vergiß den großen Schmerz!
- Balsam fürs zerrißne Herz,
- Wundervoll ist Bacchus‘ Gabe.
- Denn auch Niobe, dem schweren
- Zorn der Himmlischen ein Ziel,
- Kostete die Frucht der Ähren
- Und bezwang das Schmerzgefühl.
- Denn so lang die Lebensquelle
- Schäumet an der Lippen Rand,
- Ist der Schmerz in Lethes Welle
- Tief versenkt und festgebannt!
- Denn so lang die Lebensquelle
- An der Lippen Rande schäumt,
- Ist der Jammer weggeträumt,
- Fortgespült in Lethes Welle.
- Und von ihrem Gott ergriffen,
- Hub sich jetzt die Seherin,
- Blickte von den hohen Schiffen
- Nach dem Rauch der Heimath hin:
- Rauch ist alles ird’sche Wesen;
- Wie des Dampfes Säule weht,
- Schwinden alle Erdengrößen,
- Nur die Götter bleiben stät.
- Um das Roß des Reiters schweben,
- Um das Schiff die Sorgen her;
- Morgen können wir’s nicht mehr,
- Darum laßt uns heute leben!
Das Siegesfest
… eine Ballade von Friedrich SchillerDas Siegesfest von Friedrich Schiller wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/schiller/das-siegesfest/
Quelle: https://balladen.net/schiller/das-siegesfest/