- »Nehmt hin die Welt!« rief Zeus von seinen Höhena
- Den Menschen zu. »Nehmt, sie soll euer sein!b
- Euch schenk ich sie zum Erb und ewgen Lehen –a
- Doch teilt euch brüderlich darein!«b
- Da eilt‘, was Hände hat, sich einzurichten,a
- Es regte sich geschäftig jung und alt.b
- Der Ackermann griff nach des Feldes Früchten,a
- Der Junker birschte durch den Wald.b
- Der Kaufmann nimmt, was seine Speicher fassen,a
- Der Abt wählt sich den edeln Firnewein,b
- Der König sperrt die Brücken und die Straßena
- Und sprach: »Der Zehente ist mein.«b
- Ganz spät, nachdem die Teilung längst geschehen,a
- Naht der Poet, er kam aus weiter Fern –b
- Ach! da war überall nichts mehr zu sehen,a
- Und alles hatte seinen Herrn!b
- »Weh mir! So soll denn ich allein von allena
- Vergessen sein, ich, dein getreuster Sohn?«b
- So ließ er laut der Klage Ruf erschallena
- Und warf sich hin vor Jovis Thron.b
- »Wenn du im Land der Träume dich verweilet«,a
- Versetzt der Gott, »so hadre nicht mit mir.b
- Wo warst du denn, als man die Welt geteilet?«a
- »Ich war«, sprach der Poet, »bei dir.«b
- Mein Auge hing an deinem Angesichte,a
- An deines Himmels Harmonie mein Ohr –b
- Verzeih dem Geiste, der, von deinem Lichtea
- Berauscht, das Irdische verlor!«b
- »Was tun?« spricht Zeus, »die Welt ist weggegeben,a
- Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein.b
- Willst du in meinem Himmel mit mir leben –a
- So oft du kommst, er soll dir offen sein.«b
Die Teilung der Erde
… eine Ballade von Friedrich Schiller- Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
Die Teilung der Erde von Friedrich Schiller lässt sich auf das Jahr 1795 datieren und entstand während einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Goethe und Schiller. Diese fand - zumindest in Bezug auf die Balladendichtung - zwei Jahre später, also im Balladenjahr 1797, ihren absoluten Höhepunkt.Die Ballade wurde erstmalig, aber anonym, in der 11. Ausgabe der Zeitschrift Horen abgedruckt, die Schiller selbst herausgab. Allerdings übersandte er Goethe bereits am 16. Oktober 1795 in einem Brief die Erstfassung der Ballade, die dieser in seiner Antwort als "ganz allerliebst, wahr, treffend und tröstlich" beschrieb.[1]
Aber nicht nur Goethe scheint die kurze Ballade zu gefallen, sie findet auch in der Öffentlichkeit ihren Zuspruch, so schreibt Schiller in einem Brief, dass "die Leute [...] höchst neugierig [sind], wer es wohl gemacht habe" und weiter heißt es, dass Schiller "von vielen hörte [...], daß man es Ihnen [Anm.: Goethe] zuschreibt".[2][3]
Und die Beurteilung ist, wenn wir uns darauf besinnen, dass Goethe als der Dichter jener Zeit galt, als ein vorzügliches Kompliment zur Beschaffenheit der Ballade.
Die Teilung der Erde ist typisch für die Zeit ihrer Enstehung, also für die Weimarer Klassik, wobei oftmals aufklärerische Ideale verworfen und romantische Ideen verteidigt werden. Dies geschieht auch hier, wenn der Poet, der dreist zu spät kommt, das beste Stück - den Zugang zum Himmelreich - bekommt .
- [1][2][3] Friedrich Schiller. Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe 1794-1796, 1. Auflage, Leipzig, Reclam, 1944.
Inhaltsangabe
Die Teilung der Erde ist eine Ballade von Friedrich Schiller aus dem Jahr 1795, die von der Aufteilung der Erde unter den Menschen durch den Göttervater Zeus erzählt und wie dieser dem späten Dichter den Zugang zum Himmel gewährt.Zeus möchte den Menschen die Erde schenken und ruft sie dazu auf, sich das zu nehmen, was sie brauchen und dabei brüderlich zu teilen. So eilen Bauer, Junker, Abt, Kaufmann und auch der König herbei und erheben Anspruch auf Etwas von der Welt. Lediglich der Dichter ist zu spät und findet keinen freien Anteil mehr.
Er klagt Zeus diesen Umstand und versichert ihm, sein treuster Sohn zu sein, da er nur zu spät wäre, weil er mit seinen Gedanken bei ihm, dem Göttervater, war. Daraufhin sichert ihm Zeus den uneingeschränkten Zugang zum Himmelreich zu und verspricht, dass der Dichter ihn besuchen könne, wann immer er möchte.
Analyse
Gedichtart | Ballade (Kunstballade) |
Strophen & Verse | Gliedert sich in 8 Strophen, die jeweils 4 Verse aufweisen. Es gibt 32 Verse mit 238 Wörtern. |
Versmaß (Metrum) |
Alle Verzeilen sind aus 4- oder 5-hebigen Jamben gebildet (»Nehmt hin die Welt!« rief Zeus von seinen Höhen). Der 1. und 3. Vers aller Strophen ist 5-hebig und endet auf eine weibliche Kadenz, die 2. Zeile ist 4-hebig, wobei die reimende 5. Zeile 5 Hebungen aufweist. Diese enden mit männlicher Kadenz. Eine Ausnahme ist der letzte Vers der Ballade, der 5-hebig ist. |
Reimschema | Kreuzreim (abab ...) |
» Balladen von Friedrich Schiller «
Letzte Aktualisierung
21. September 2024, 19:26 Uhr
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Quelle: https://balladen.net/schiller/die-teilung-der-erde/
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