- Maien auf den Bäumen, Sträußchen in dem Hag.
- Nach der Schmiede reitet Janko früh am Tag.
- Blütenschneegestöber segnet seine Fahrt,
- Lilien trägt des Rößleins Mähne, Schweif und Bart,
- Lacht der muntre Knabe: »Sag’ mir, Rößlein traut:
- Bist bekränzt zur Hochzeit, doch wo bleibt die Braut?«
- Horch, ein Pferdchen trippelt hinter ihm geschwind,
- auf dem Pferdchen schaukelt ein holdselig Kind.
- Solche kleine Fante nimmt man auf den Schoß,
- auf die Schulter wirft er’s spielend: Ei! wie groß!
- Zappelnd schreit die Kleine: »Böser Bube du!
- Weh! ich hab verloren meinen Lilienschuh.«
- Rückwärts sprengt er suchend ein geraumes Stück.
- Wie er mit dem Schuhe eilends kam zurück,
- an des Kindes Stelle saß die schönste Maid.
- Da geschah dem Jungen süßes Herzeleid.
- Flüsterte die Schöne: »Liebster Janko mein,
- hab’ ein kostbar Ringlein, strahlt wie Sonnenschein.
- Bin dir hold gewogen, schenk’ es dir zum Pfand.
- Weh! ich hab’s vergessen, badend an dem Strand.«
- Wie er mit dem Ringlein wiederkehrte: schau!
- Hing gebückt im Sattel eine welke Frau.
- Ihre Zunge stöhnte: »Janko! du mein Sohn,
- weh! ein Tröpfchen Wasser! Schnell! um Gotteslohn.«
- Wie er mit dem Wasser kam zum selben Ort,
- war zu Staub und Asche Weib und Pferd verdorrt.
Die Blütenfee
… eine Ballade von Carl SpittelerDie Blütenfee von Carl Spitteler wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/spitteler/die-bluetenfee/
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