Das Malheur

eine Ballade von Franz Werfel
  1. Als das Mädchen die Schüssel fallen ließ, blieben alle
  2. Gäste anfangs stumm,
  3. Nur die Hausfrau sagte etwas und drehte sich nicht um.
  4. Das Mädchen aber stand regungslos, wie in unnatürlichen
  5. Schlaf gesenkt,
  6. Krampfhaft die Arme zu einer rettenden Geste verrenkt.
  7. Dem verlegenen Mitleid der Gäste hatte sich scheues
  8. Erstaunen zugesellt,
  9. Denn sie sahen plötzlich Eine mitten in ein Schicksal
  10. gestellt.
  11. Kamen schon die Stubenmädchen mit Tüchern und Besen,
  12. der Diener und selbst der Herr vom Haus.
  13. Sie aber ging ganz wunderschön von Kindheit und
  14. Heimweh hinaus.
  15. In der Küche setzte sie sich auf die Kohlenkiste,
  16. legte die Hände in den Schoß,
  17. Und weinte vielfach, in allen Lagen, nach aller Kunst,
  18. voll Genuß, laut und grenzenlos.
  19. Als man dann spät und geräuschvoll Abschied nahm,
  20. War sie es, die wie aus Ehrfurcht das reichste Trinkgeld
  21. bekam.
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Quelle: https://balladen.net/werfel/das-malheur/