Das lied

eine Ballade von Stefan George
  1. Es fuhr ein knecht hinaus zum wald
  2. Sein bart war noch nicht flück
  3. Er lief sich irr im wunderwald
  4. Er kam nicht mehr zurück.
  5. Das ganze dorf zog nach ihm aus
  6. Vom früh- zum abendrot
  7. Doch fand man nirgends seine spur
  8. Da gab man ihn für tot.
  9. So flossen sieben jahr dahin
  10. Und eines morgens stand
  11. Auf einmal wieder er vorm dorf
  12. Und ging zum brunnenrand.
  13. Sie fragten wer er wär und sahn
  14. Ihm fremd ins angesicht ·
  15. Der vater starb die mutter starb
  16. Ein andrer kannt ihn nicht.
  17. Vor tagen hab ich mich verirrt
  18. Ich war im wunderwald
  19. Dort kam ich recht zu einem fest
  20. Doch heim trieb man mich bald.
  21. Die leute tragen güldnes haar
  22. Und eine haut wie schnee . .
  23. So heissen sie dort sonn und mond
  24. So berg und tal und see.
  25. Da lachten all: in dieser früh
  26. Ist er nicht weines voll.
  27. Sie gaben ihm das vieh zur hut
  28. Und sagten er ist toll.
  29. So trieb er täglich in das feld
  30. Und sass auf einem stein
  31. Und sang bis in die tiefe nacht
  32. Und niemand sorgte sein.
  33. Nur kinder horchten seinem lied
  34. Und sassen oft zur seit . .
  35. Sie sangen’s als er lang schon tot
  36. Bis in die spätste zeit.
Das lied von Stefan George wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.

Quelle: https://balladen.net/george/das-lied/