Wer weiß wo

(Schlacht bei Kolin, 18. Juni 1757)

1. Auf Blut und Leichen, Schutt und Qualm,
2. auf roßzerstampften Sommerhalm
3. die Sonne schien.
4. Es sank die Nacht. Die Schlacht ist aus,
5. und mancher kehrte nicht nach Haus
6. einst von Kolin.
7. Ein Junker auch, ein Knabe noch,
8. der heut das erste Pulver roch,
9. er mußte dahin.
10. Wie hoch er auch die Fahne schwang,
11. der Tod in seinen Arm ihn zwang,
12. er mußte dahin.
13. Ihm nahe lag ein frommes Buch,
14. das stets der Junker mit sich trug
15. am Degenknauf.
16. Ein Grenadier von Bevern fand
17. den kleinen erdbeschmutzten Band
18. und hob ihn auf.
19. Und brachte heim mit schnellem Fuß
20. dem Vater diesen letzten Gruß,
21. der klang nicht froh.
22. Dann schrieb hinein die Zitterhand:
23. »Kolin. Mein Sohn verscharrt im Sand,
24. wer weiß wo.«
25. Und der gesungen dieses Lied,
26. und der es liest, im Leben zieht
27. noch frisch und froh.
28. Doch einst bin ich und bist auch du
29. verscharrt im Sand, zur ewigen Ruh,
30. wer weiß wo.