- Als Kaiser Rothbart lobesam
- Zum heil’gen Land gezogen kam,
- Da mußt’ er mit dem frommen Heer
- Durch ein Gebirge, wüst und leer.
- Daselbst erhub sich große Noth,
- Viel Steine gab’s und wenig Brot,
- Und mancher deutsche Reitersmann
- Hat dort den Trunk sich abgethan.
- Den Pferden war’s so schwach im Magen,
- Fast mußt’ der Reiter die Mähre tragen.
- Nun war ein Herr aus Schwabenland,
- Von hohem Wuchs und starker Hand,
- Deß Rößlein war so krank und schwach,
- Er zog es nur am Zaume nach,
- Er hätt’ es nimmer aufgegeben
- Und kostet’s ihn das eigne Leben.
- So blieb er bald ein gutes Stück
- Hinter dem Heereszug zurück,
- Da sprengten plötzlich in die Queer
- Fünfzig türkische Reiter daher,
- Die huben an, auf ihn zu schießen,
- Nach ihm zu werfen mit den Spießen.
- Der wackre Schwabe forcht’ sich nit,
- Ging seines Weges Schritt vor Schritt,
- Ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken
- Und thät nur spöttlich um sich blicken,
- Bis Einer, dem die Zeit zu lang,
- Auf ihn den krummen Säbel schwang.
- Da wallt dem Deutschen auch sein Blut,
- Er trifft des Türken Pferd so gut,
- Er haut ihm ab mit Einem Streich
- Die beiden Vorderfüß’ zugleich.
- Als er das Thier zu Fall gebracht,
- Da faßt er erst sein Schwerdt mit Macht,
- Er schwingt es auf des Reiters Kopf,
- Haut durch bis auf den Sattelknopf,
- Haut auch den Sattel noch zu Stücken
- Und tief noch in des Pferdes Rücken;
- Zur Rechten sieht man, wie zur Linken,
- Einen halben Türken heruntersinken.
- Da packt die Andern kalter Graus,
- Sie fliehen in alle Welt hinaus,
- Und Jedem ist’s, als würd’ ihm mitten
- Durch Kopf und Leib hindurchgeschnitten.
- Drauf kam des Wegs ’ne Christenschaar,
- Die auch zurück geblieben war,
- Die sahen nun mit gutem Bedacht
- Was Arbeit unser Held gemacht.
- Von denen hat’s der Kaiser vernommen,
- Der ließ den Schwaben vor sich kommen,
- Er sprach: „Sagt an, mein Ritter werth!
- Wer hat Euch solche Streich’ gelehrt?“
- Der Held bedacht’ sich nicht zu lang:
- „Die Streiche sind bei uns im Schwang,
- Sie sind bekannt im ganzen Reiche,
- Man nennt sie halt nur Schwabenstreiche.“
Schwäbische Kunde
… eine Ballade von Ludwig UhlandSchwäbische Kunde von Ludwig Uhland wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/uhland/schwaebische-kunde/
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