- Wir sind nicht mehr am ersten Glas,
- Drum denken wir gern an dies und das,
- Was rauschet und was brauset.
- So denken wir an den wilden Wald,
- Darin die Stürme sausen,
- Wir hören, wie das Jagdhorn schallt,
- Die Ross’ und Hunde brausen,
- Und wie der Hirsch durch’s Wasser setzt,
- Die Fluten rauschen und wallen,
- Und wie der Jäger ruft und hetzt,
- Die Schüsse schmetternd fallen.
- Wir sind nicht mehr am ersten Glas,
- Drum denken wir gern an dies und das,
- Was rauschet und was brauset.
- So denken wir an das wilde Meer,
- Und hören die Wogen brausen,
- Die Donner rollen drüberher,
- Die Wirbelwinde sausen.
- Ha! wie das Schifflein schwankt und dröhnt,
- Wie Mast und Stange splittern,
- Und wie der Nothschuß dumpf ertönt,
- Die Schiffer fluchen und zittern!
- Wir sind nicht mehr am ersten Glas,
- Drum denken wir gern an dies und das,
- Was rauschet und was brauset.
- So denken wir an die wilde Schlacht,
- Da fechten die deutschen Männer,
- Das Schwerdt erklirrt, die Lanze kracht,
- Es schnauben die muth’gen Renner.
- Mit Trommelwirbel, Trommetenschall,
- So zieht das Heer zum Sturme;
- Hin stürzet von Kanonenknall
- Die Mauer sammt dem Thurme.
- Wir sind nicht mehr am ersten Glas,
- Drum denken wir gern an dies und das,
- Was rauschet und was brauset.
- So denken wir an den jüngsten Tag,
- Und hören Posaunen schallen,
- Die Gräber springen von Donnerschlag,
- Die Sterne vom Himmel fallen.
- Es braust die offne Höllenkluft
- Mit wildem Flammenmeere,
- Und oben in der goldnen Luft,
- Da jauchzen die sel’gen Chöre.
- Wir sind nicht mehr am ersten Glas,
- Drum denken wir gern an dies und das,
- Was rauschet und was brauset.
- Und nach dem Wald und der wilden Jagd,
- Nach Sturm und Wellenschlage,
- Und nach der deutschen Männer Schlacht,
- Und nach dem jüngsten Tage:
- So denken wir an uns selber noch,
- An unser stürmisch Singen,
- An unser Jubeln und Lebehoch,
- An unsrer Becher Klingen.
- Wir sind nicht mehr am ersten Glas,
- Drum denken wir gern an dies und das,
- Was rauschet und was brauset.
Trinklied
… eine Ballade von Ludwig UhlandTrinklied von Ludwig Uhland wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.
Quelle: https://balladen.net/uhland/trinklied/
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