Der Tod und Frau Laura

eine Ballade von Conrad Ferdinand Meyer
  1. Es war in Avignon am Karneval
  2. Dass sich ein Mörder in den Reigen stahl
  3. Und dass die Pest verlarvt sich schwang im Tanz
  4. Mit einem schlotterichten Mummenschanz.
  5. In einer nahen Villa täuschen sie
  6. Die Angst mit Wohllaut und mit Phantasie,
  7. Frau Laura war und auch Petrarca da,
  8. Als an das Tor ein dumpfer Schlag geschah.
  9. Die blassen Lippen schaudern vor dem Wein,
  10. Es tritt ein Weissgewandeter herein,
  11. Der eine Maske mit dem Sterbezug
  12. Und einen frisch gepflückten Lorbeer trug.
  13. Der Dämon hebt den Lorbeer voller Ruh
  14. Und sinnt und schreitet auf Petrarca zu:
  15. „Ich grüsse, Freund, und komme priesterlich
  16. Das ist der Selgen Lorbeer! Neige dich!“
  17. Der Lorbeer schwebt. Da raubt ihn eine Hand,
  18. Frau Laura war es, die daneben stand,
  19. Sie schmiegt ihn um die blonden Haare leicht,
  20. Sie steht bekränzt. Sie schaudert. Sie erbleicht.
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Quelle: https://balladen.net/meyer/der-tod-und-frau-laura/