Der Knabe im Moor

eine Ballade von Annette von Droste-Hülshoff
  1. O, schaurig ist’s, übers Moor zu gehn,a
  2. Wenn es wimmelt vom Haiderauche,b
  3. Sich wie Phantome die DünsteVergleich (Signalwort: wie) drehna
  4. Und die Ranke häkeltPersonifikation (Ranke) am Strauche,b
  5. Unter jedem Tritte ein Quellchen springt,c
  6. Wenn aus der Spalte es zischtOnomatopoesie (Lautmalerei) und singt –c
  7. O, schaurig ist’s, übers Moor zu gehn,a
  8. Wenn das Röhricht knistertOnomatopoesie (Lautmalerei) im Hauche!b
  9. Fest hält die Fibel das zitternde KindInversion (Abweichung vom üblichen Satzbau)a
  10. Und rennt, als ob man es jage;b
  11. Hohl über die Fläche sauset der Wind –Inversion (Abweichung vom üblichen Satzbau)a
  12. Was raschelt drüben am Hage?b
  13. Das ist der gespenstige Gräberknecht,c
  14. Der dem Meister die besten Torfe verzecht;c
  15. Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind!a
  16. Hinducket das Knäblein zage.Inversion (Abweichung vom üblichen Satzbau)b
  17. Vom Ufer starret Gestumpf hervor,a
  18. Unheimlich nicketPersonifikation (Föhre) die Föhre,b
  19. Der Knabe rennt, gespannt das Ohr,a
  20. Durch Riesenhalme wie Speere;Vergleich (Signalwort: wie)b
  21. Und wie es rieselt und knittert darin!c
  22. Das ist dieAnapher zu V23 unselige Spinnerin,c
  23. Das ist dieAnapher zu V22 gebannte Spinnlenor’,a
  24. Die den Haspel dreht im Geröhre!b
  25. Voran, voran,Alliteration (Voran, voran)
    Anapher zu V26
    Geminatio
    nur immer im Lauf,a
  26. Voran,Anapher zu V25 als woll’ es ihn holen;b
  27. Vor seinem Fuße brodelt es auf,a
  28. Es pfeift ihm unter den Sohlenb
  29. Wie eine gespenstige Melodei;Vergleich (Signalwort: wie)c
  30. Das ist derAnapher zu V31 Geigenmann ungetreu,c
  31. Das ist derAnapher zu V30 diebische Fiedler Knauf,a
  32. Der den Hochzeitheller gestohlen!b
  33. Da birst das Moor, ein Seufzer gehta
  34. Hervor aus der klaffenden Höhle;b
  35. Weh, weh, da ruft die verdammte Margret:a
  36. „Ho, ho, meine arme Seele!“b
  37. Der Knabe springt wie ein wundes Reh,Vergleich (Signalwort: wie)c
  38. Wär’ nicht Schutzengel in seiner Näh’,c
  39. Seine bleichenden Knöchelchen fände späta
  40. Ein Gräber im Moorgeschwehle.b
  41. Da mählich gründet der Boden sich,a
  42. Und drüben, neben der Weide,b
  43. Die Lampe flimmert so heimathlich,a
  44. Der Knabe steht an der Scheide.b
  45. Tief athmet er auf, zum Moor zurückc
  46. Noch immer wirft er den scheuen Blick:c
  47. Ja, im Geröhre war’s fürchterlich,a
  48. O, schaurig war’s in der Haide!b

Hintergrund

Die Ballade Der Knabe im Moor von Annette von Droste-Hülshoff erschien zuerst am 16. Februar 1842 im Morgenblatt für gebildete Leser. Im Jahr 1844 wurde die Ballade in der Sammlung Gedichte von Droste-Hülshoff im Abschnitt Heidebilder gedruckt und war hierbei an letzter Stelle zu finden.

Dadurch nimmt Der Knabe im Moor eine Sonderstellung ein, da der Text nicht bei den anderen Balladen des Bandes eingeordnet wurde, sondern - vermutlich aus thematischen Gründen - in einen Teil des Buches versetzt, in dem es um die Wechselwirkung von Mensch und Natur geht.

Inhaltsangabe

Die Ballade Der Knabe im Moor von Annette von Droste-Hülshoff erschien 1842. Sie erzählt von einem Jungen, der auf dem Heimweg durch ein Moor gehen muss, sich dabei sehr ängstigt und letztlich wohlbehalten zu Hause ankommt.

Um von der Schule nach Hause zu gelangen, muss ein Junge ein Moor durchqueren, vor dem er sich ängstigt und in welchem er überall Furchteinflößendes vermutet. Der Junge glaubt, schaurige Geistergestalten zu sehen, wie etwa den Gräberknecht, den Geigemann sowie die unselige Spinnerin und die verdammte Margret.

Der Knabe, der sich mittlerweile den eigenen Tod ausmalt, presst seine Fibel an sich und rennt nahezu panisch durch das Moor, um dem vermeintlichen Horror zu entkommen. Letztlich erreicht er festen Boden und das elterliche Haus.

Analyse

Gedichtart Ballade (Kunstballade)
Strophen 6 Strophen á 8 Verszeilen mit insgesamt 284 Wörtern.
Versmaß
(Metrum)
Wechsel von Jamben und Anapästen (drei- und vierhebig); allerdings nicht nach gleichbleibendem Muster. Alle Kreuzreime haben abwechselnd männliche und weibliche Kadenzen (u -); alle Paarreime zeichnen sich durch weibliche Kadenzen aus (- u).
Reimschema ababccab (Verbindung mehrerer Reimschemata)
Kreuzreim (abab), Paarreim (cc), Kreuzreim (ab)
Letzte Aktualisierung 9. Juli 2024, 15:21 Uhr Monatliche Leser 165 ✭ Beliebtes Werk ➘ Abnehmende Beliebtheit
Der Knabe im Moor von Annette von Droste-Hülshoff wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.

Quelle: https://balladen.net/droste-huelshoff/der-knabe-im-moor/