Reimschema

Als Reimschema wir eine wiederkehrende Abfolge von Reimen in einem lyrischen Text bezeichnet. Das Reimschema ist also das Muster, nach welchem die Reime in einem Gedicht angeordnet sind.

Wenn wir das Reimschema bestimmen, prüfen wir die Endreime, also das Ende der jeweiligen Verszeilen. Klingen diese in einer Strophe sehr ähnlich, sprechen wir von Reimen. Sind diese nach einer bestimmten Ordnung angeordnet, sprechen wir von einem Reimschema.

Übersicht der Reimschemata

Reimschema Abfolge Beispiele
Haufenreim A A A A auf den hohen Felsenklippen A
sitzen sieben Robbensippen A
die sich in die Rippen stippen A
bis sie von den Klippen kippen AText: Zungenbrecher
Paarreim AABB Der Knecht hat erstochen den edlen Herrn, A
Der Knecht wär selber ein Ritter gern. A
Er hat ihn erstochen im dunklen Hain B
Und den Leib versenket im tiefen Rhein. BText: Die Rache
Kreuzreim ABAB Der Türmer, der schaut zu Mitten der Nacht A
Hinab auf die Gräber in Lage; B
Der Mond, der hat alles ins Helle gebracht; A
Der Kirchhof, er liegt wie am Tage. BText: Der Totentanz
Umarmender Reim ABBA Zu Dionys dem Tirannen schlich A
Möros, den Dolch im Gewande, B
Ihn schlugen die Häscher in Bande. B
Was wolltest du mit dem Dolche, sprich! AText: Die Bürgschaft
Schweifreim
(Paar- & Umarmender Reim)
AABCCB Der Mond ist aufgegangen, A
die goldnen Sternlein prangen A
am Himmel hell und klar. B
Der Wald steht schwarz und schweiget, C
und aus den Wiesen steiget C
der weiße Nebel wunderbar. BText: Abendlied
Verschränkter Reim ABCABC Mag auch die Spieglung im Teich A
oft uns verschwimmen: B
Wisse das Bild. C //
Erst in dem Doppelbereich. A
Werden die Stimmen B
ewig und mild. CText: Sonett IX

Sonderformen

Die obige Übersicht umfasst die gängigen Reimschemata. Sämtliche Gedichte auf dieser Seite lassen sich anhand dieser Übersicht einordnen.

Dabei finden sich vor allem Paar-, Kreuz- und umarmende Reime. Allerdings gibt es zwei Sonderformen, die der Vollständigkeit halber nicht fehlen sollten: der Kettenreim sowie die Reimwaise.

Kettenreim

Der Kettenreim folgt dem Muster ABA BCB CDC und wirkt so auf den ersten Blick – schauen wir nur auf das reine Reimschema – wie eine Aneinanderreihung von Kreuzreimen, die durcheinander geraten sind.

Wichtig ist beim Kettenreim allerdings, dass die Reimpaare dreizeilige Strophen miteinander verbinden. Eine solche Strophe wird auch als Terzine bezeichnet. Sie hat die Reimstruktur ABA.

Der reimlose zweite Vers findet seine Reimentsprechung in der zweiten Strophe, deren Reimschema BCB lautet. Und ihr reimloser Vers findet eine Reimentsprechung in der Folgestrophe.

Ein Beispiel:

  1. Auf halbem Weg des Menschenlebens fand A
  2. ich mich in einen finstern Wald verschlagen, B
  3. Weil ich vom rechten Weg mich abgewandt. A
  4. Wie schwer ist’s doch, von diesem Wald zu sagen, B
  5. Wie wild, rauh, dicht er war, voll Angst und Not; C
  6. Schon der Gedank’ erneuert noch mein Zagen. B
  7. Nur wenig bitterer ist selbst der Tod; C
  8. Doch um vom Heil, das ich drin fand, zu künden, D
  9. Sag’ ich, was sonst sich dort den Blicken bot. C
Text: Dante: Göttliche Komödie, 1. Gesang

Reimwaise

Als Reimwaise wird ein reimloser Vers bezeichnet, der in der Nähe ansonsten gereimter Verszeilen steht – dies kann zu Beginn inmitten oder am Ende der reimenden Verse sein. In der Verslehre wird zur Kennzeichnung ein X oder W verwendet.

Typisch ist die Reimwaise unter anderem für die letzte Mittelzeile eines Gedichts, das in Terzinenstrophen verfasst wurde, wie es im obigen Beispiel aus Dantes Göttlicher Komödie der Fall ist.

Allerdings finden sich solche Waisenzeilen in sehr unterschiedlichen Ausführungen und Ausprägungen. Beispielsweise findet sich in Mörikes Er ist’s ein schönes Waisen-Beispiel:

  1. Frühling lässt sein blaues Band A
  2. Wieder flattern durch die Lüfte; B
  3. Süße, wohl bekannte Düfte B
  4. Streifen ahnungsvoll das Land. A
  5. Veilchen träumen schon, C
  6. wollen balde kommen. D
  7. Horch, ein leiser Harfenton! C
  8. Frühling, ja du bist’s! X
  9. Dich hab ich vernommen! D
Text: Er ist’s