Nis Randers

eine Ballade von Otto Ernst
  1. Krachen und Heulen und berstende NachtAkkumulation,a
  2. Dunkel und Flammen in rasender Jagd –a
  3. Ein Schrei durch die Brandung!b
  4.      Und brennt der HimmelMetapher, so sieht man’s gut:a
  5. Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut;a
  6. Gleich holt sich’s der AbgrundPersonifikation.b
  7.      Nis Randers lugt – und ohne Hasta
  8. Spricht er: „Da hängt noch ein Mann im Mast;a
  9. Wir müssen ihn holen.“b
  10.      Da faßt ihn die Mutter: „Du steigst mir nicht ein:a
  11. Dich will ich behalten, du bliebst mir allein,a
  12. Ich will’s, deine Mutter!b
  13.      Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn;a
  14. Drei Jahre verschollen ist Uwe schon,a
  15. Mein Uwe, mein UweGeminatio!“b
  16.      Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach!a
  17. Er weist nach dem Wrack und spricht gemach:a
  18. „Und seine Mutter?“b
  19.      Nun springt er ins Boot und mit ihm noch sechs:a
  20. Hohes, hartesAlliteration (hohes, hartes) FriesengewächsOkkasionalismus;a
  21. Schon sausen die Ruder.b
  22.      Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz!a
  23. Nun muß es zerschmettern . . .! Nein, es blieb ganz! . . .a
  24. Wie lange? Wie lange?Geminatiob
  25.      Mit feurigen Geißeln peitscht das MeerPersonifikationa
  26. Die menschenfressenden RosseMetapher für starken Wellengang daher;a
  27. Sie schnauben und schäumen.b
  28.      Wie hechelnde HastAlliteration (hechelnde Hast) sie zusammenzwingt!a
  29. Eins auf den Nacken des andern springta
  30. Mit stampfenden Hufen!b
  31.      Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt!a
  32. Was da?Ellipse – Ein Boot, das landwärts hält –a
  33. Sie sind es! Sie kommen! – –b
  34.      Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt . . .a
  35. Still – ruft da nicht einer? – Er schreit’s durch die Hand:a
  36. „Sagt Mutter, ’s ist Uwe!“b

Hintergrund

Nis Randers ist eine Ballade von Otto Ernst. Sie erschien erstmalig 1901 in der Gedichtsammlung Stimmen des Mittags – Neue Dichtungen, die verschiedene Texte von Ernst bündelt und von Ludwig Staackmann verlegt wurde.

Der Stoff der Ballade begegnet uns allerdings in verschiedenen Werken schon vor der Interpretation durch Ernst. Wir finden den Text in ähnlicher Form bereits bei A. J. Mulder in seiner Ballade Harro en Uwe und dann in verschiedenen Variationen bei August Kellner, Julius Wolff, Reinhold Fuchs und Richard Stecher. Dennoch bleibt bis heute unklar, ob sich der Stoff auf eine wahre Begebenheit bezieht.

Festzuhalten bleibt allerdings, dass die Interpretation durch Ernst zur populärsten und seit vielen Jahren zur festen Einheit im Deutschunterricht wurde, wo sie sich zwischen John Maynard, Zauberlehrling und Handschuh einreiht, was vermutlich durch die Eindringlichkeit des Textes und die moralischen Aspekte, die vermittelt werden (Pflichterfüllung, Opferbereitschaft), begründet ist.

Inhaltsangabe

Die Ballade Nis Randers von Otto Ernst erzählt von einer stürmischen Nacht, in der ein Schiff auf Grund läuft und zu sinken droht.

Der junge Nis Randers beschließt, da sich noch ein Mann auf dem Schiff befindet, mit sechs anderen Friesen in einem Ruderboot zum Schiff zu rudern. Seine Mutter versucht, ihn davon abzubringen, da sie ihren Mann und Sohn bei Schiffunglücken verloren hat und ein weiterer Sohn, der Uwe heißt, verschollen ist.

Nis lässt sich von seiner Mutter allerdings nicht von dem Vorhaben abbringen. Der Bootsbesatzung gelingt es, dem Meer zu trotzen und den Schiffbrüchigen zu retten. Es stellt sich heraus, dass der Gerettete der verschollene Sohn Uwe ist.

Analyse

Gedichtart Ballade (Kunstballade)
Strophen 12 Strophen á 3 Verszeilen mit insgesamt 241 Wörtern.
Versmaß
(Metrum)
Kein durchgängiges Versmaß. Allerdings zeichnen sich die ersten zwei Verse jeder Strophe jeweils durch vier Hebungen aus.
Reimschema Die ersten beiden Verse der Strophen sind im Paarreim verfasst. Die dritte Zeile reimt nicht mit den vorherigen. Die ersten Zeilen reimen nicht rein, hier reimt vor allem die Assonanz (Nacht, Jagd).
Nis Randers von Otto Ernst wurde von balladen.net heruntergeladen, einem kostenlosen Literaturprojekt von Jonas Geldschläger.

Quelle: https://balladen.net/ernst/nis-randers/