Das verstörte Fest

eine Ballade von Heinrich Lautensack
  1. Alle Uhren wurden angehalten.
  2. Nie mehr werde Tag! hieß die Parole
  3. in dem Saal, der voller Spukgestalten
  4. schwamm im starken Duft der Nachtviole.
  5. Und die Zeit stand still in Uhrgehäusen.
  6. Und phantastisch – ohne Augenlider! –
  7. hingen Tausende von Fledermäusen
  8. – Kopf nach unten – als Girlanden nieder.
  9. Zaubrer, Teufel, Wichte und Lemuren!
  10. Goldner Sekt gefror im Silberkühler.
  11. Aus der Damen kupfernen Frisuren
  12. streckten Nachtinsekten Riesenfühler.
  13. – Plötzlich sprangen Tor und Tür entsiegelt,
  14. und – wie graute da den Nachtgespenstern! –
  15. von den Porphyrsäulen abgespiegelt
  16. glomm ein rosa Licht in allen Fenstern.
  17. Viele flohn, unnennbar eingeschüchtert,
  18. mit den Stirnen fast im Staub darnieder.
  19. Selbst der Trunkenste schien jäh ernüchtert.
  20. – Tag ward. – Und die Uhren gingen wieder.
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Quelle: https://balladen.net/lautensack/das-verstoerte-fest/