Das Glück von Edenhall

eine Ballade von Ludwig Uhland
  1. Von Edenhall der junge Lorda
  2. Läßt schmettern Festtrommetenschall,b
  3. Er hebt sich an des Tisches Borda
  4. Und ruft in trunkner Gäste Schwall:b
  5. „Nun her mit dem Glücke von Edenhall!“b
  6. Der Schenk vernimmt ungern den Spruch,a
  7. Des Hauses ältester Vasall,b
  8. Nimmt zögernd aus dem seidnen Tucha
  9. Das hohe Trinkglas von Krystall,b
  10. Sie nennen’s: das Glück von Edenhall.b
  11. Darauf der Lord: „Dem Glas zum Preisa
  12. Schenk’ rothen ein aus Portugall!“b
  13. Mit Händezittern gießt der Greis,a
  14. Und purpurn Licht wird überall,b
  15. Es strahlt aus dem Glücke von Edenhall.b
  16. Da spricht der Lord und schwingt’s dabei:a
  17. „Dies Glas von leuchtendem Krystallb
  18. Gab meinem Ahn am Quell die Fei,a
  19. Drein schrieb sie: kommt dies Glas zu Fall,b
  20. Fahr wohl dann, o Glück von Edenhall!b
  21. Ein Kelchglas ward zum Loos mit Fuga
  22. Dem freud’gen Stamm von Edenhall;b
  23. Wir schlürfen gern in vollem Zug,a
  24. Wir läuten gern mit lautem Schall;b
  25. Stoßt an mit dem Glücke von Edenhall!“b
  26. Erst klingt es milde, tief und voll,a
  27. Gleich dem Gesang der Nachtigall,b
  28. Dann wie des Waldstroms laut Geroll,a
  29. Zuletzt erdröhnt wie Donnerhallb
  30. Das herrliche Glück von Edenhall.b
  31. „Zum Horte nimmt ein kühn Geschlechta
  32. Sich den zerbrechlichen Krystall;b
  33. Er dauert länger schon, als recht,a
  34. Stoßt an! mit diesem kräft’gen Prallb
  35. Versuch’ ich das Glück von Edenhall.“b
  36. Und als das Trinkglas gellend springt,a
  37. Springt das Gewölb mit jähem Knalla
  38. Und aus dem Riß die Flamme dringt;a
  39. Die Gäste sind zerstoben alla
  40. Mit dem brechenden Glücke von Edenhall.a
  41. Ein stürmt der Feind, mit Brand und Mord,a
  42. Der in der Nacht erstieg den Wall,b
  43. Vom Schwerte fällt der junge Lord,a
  44. Hält in der Hand noch den Krystall,b
  45. Das zersprungene Glück von Edenhall.b
  46. Am Morgen irrt der Schenk allein,a
  47. Der Greis, in der zerstörten Hall’,b
  48. Er sucht des Herrn verbrannt Gebein,a
  49. Er sucht im grausen Trümmerfallb
  50. Die Scherben des Glücks von Edenhall.b
  51. „Die Steinwand – spricht er – springt zu Stück,a
  52. Die hohe Säule muß zu Fall,b
  53. Glas ist der Erde Stolz und Glück,a
  54. In Splitter fällt der Erdenballb
  55. Einst gleich dem Glücke von Edenhall.“b

Hintergrund

Das Glück von Edenhall ist eine Ballade von Ludwig Uhland, die erstmalig am 28. August 1834 im Morgenblatt für gebildete Stände erschien. Uhland war zu dieser Zeit Abgeordneter des württembergischen Landtags, wobei er für dieses Amt seine Lehrtätigkeit an der Tübinger Universität unterbrechen musste.

Die Ballade verarbeitet den Mythos um ein Trinkgefäß mit dem Namen Luck of Edenhall, das vermutlich im 14. Jahrhundert in der Region Syrien oder Ägypten hergestellt wurde und im 15. Jahrhundert nach England kam. Dort gelangte es spätestens im 17. in den Besitz der Familie Musgrave von Edenhall und avancierte zum Glücksbringer, um welchen sich zahlreiche Legenden rankten.

Der bekannteste Mythos besagt, dass der Kelch in den Besitz der Familie gelangte, als ein Butler der Familie am Brunnen St. Cuthbert's well eine feiernde Feengruppe störte, die zwar das Weite suchte, aber das Das Glück von Edenhall zurückließ und prophezeite, dass das Glück der Familie Edenhall zerbrechen würde, wenn dem Gefäß etwas zustoßen würde. Verschriftlicht lässt sich diese Geschichte dann erstmalig im The Gentleman’s Magazine vom August 1791 aufspüren.[1]

Bei dem Trinkgefäß handelt es sich um einen emaillierter Glasbecher, der mit blauen, grünen, roten und weißen Emaille-Arabesken samt Vergoldung verziert ist. Er wurde 1958 vom Victoria and Albert Museum in London erworben, wo er bereits seit 1926 als Leihgabe ausgestellt ist. Das Gefäß gilt als bemerkenswertes - vor allem weil es so gut erhalten ist - Exemplar der islamischen Glasherstellung.[2]
  • [1] Gentleman’s Magazine and Historical Chronicle (August 1791), Seite 721 (Digitaler Scan)
  • [2] Bildmaterial zum Glück von Edenhall findet sich an dieser Stelle.

Inhaltsangabe

Die Ballade Das Glück von Edenhall aus dem Jahr 1834 stammt von Ludwig Uhland und erzählt von einem jungen Lord, der bei einem Bankett voll Hoch- und Übermut mit dem kristallenen Glück von Edenhall anstößt, wobei es zerbricht und aufgrund eines Feenfluchs die Familie des Lords mit Unheil überzieht, sodass der Feind plündernd und brandschatzend einfällt sowie den Lord ermordet.

Der junge Lord hat zu einem rauschenden Fest geladen und verlangt übermütig vor allen Anwesenden nach dem Glück von Edenhall, einem Kristallbecher, den seine Familie einst von Feen überreicht bekommen hat. Dieser ist mit dem Familiensegen verknüpft und sollte er zerbrechen, wird das Unglück Einzug halten.

Von den alten Geschichten lässt sich der Gastgeber allerdings nicht beirren und wieder und wieder in den Kelch einschenken. Im Laufe des Abends stößt er immer kräftiger mit diesem an, sodass der Kelch schließlich zerbricht. Es gibt einen lauten Knall, der das Gewölbe erzittern und die Gäste fliehen lässt.

Währenddessen ist der Feind heimlich in die Burg gestiegen, such sicht plündernd und brandschatzend den Weg und ermordet den Lord mit einem Schwertstreich. Am nächsten Tag begibt sich der älteste Diener der Familie auf die Suche nach dem Leichnam des Lords und sammelt die Splitter des Glück von Edenhall ein.

Analyse

Gedichtart Ballade (Kunstballade)
Strophen & Verse Gliedert sich in 11 Strophen, die jeweils 5 Verse aufweisen. Es gibt 55 Verse mit 329 Wörtern.
Versmaß
(Metrum)
kein regelmäßiges Versmaß
Reimschema Kreuzreim (abab ...)
» Balladen von Ludwig Uhland «
Letzte Aktualisierung 21. September 2024, 23:33 Uhr Monatliche Leser 115 ✭ Beliebtes Werk ➚ Text trendet
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Quelle: https://balladen.net/uhland/das-glueck-von-edenhall/